Beauftragte für Chancengleichheit

Schützen, motivieren, gleichstellen – das ist das Ziel von Saskia Lange und Carin-Sonja Weinhold. Seit fünf Jahren sind die beiden Beauftragte für Chancengleichheit (BfC) am Fraunhofer ISIT. Ihr Amt verfolgt das Ziel, die Chancengleichheit von Frauen und Männern zentral und durchgängig anzuwenden und im Verwaltungshandeln zu verankern. Was sie bewegt und warum sie das Amt auch noch in den nächsten 100 Jahren für relevant halten, erzählen sie im Gespräch. 

Wenn man Saskia und Carin fragt, weshalb sie sich für das Amt der BfC entschieden haben, müssen die beiden kurz nachdenken: „Es war nicht so, dass wir uns am Institut um das Amt geschlagen haben. Einer unserer Kollegen hat damals mehr oder weniger Werbung dafür gemacht und jemanden gesucht, der ein gewisses Standing hat – sich durchsetzen kann, das Vertrauen der Kolleginnen hat und bekannt in der Belegschaft ist“, erklärte Saskia. Die Gruppenleiterin Modul-Services absolvierte bereits ihre Ausbildung am ISIT, Carin Weinhold ist bald seit rund 30 Jahren am Institut, immer wieder in verschiedenen Positionen. „So hatten wir schon viel Kontakt mit ganz unterschiedlichen Leuten und Aufgaben“, so Weinhold, „das schafft das Vertrauen oder den gewissen Bekanntheitsgrad, den man für diese Aufgabe im besten Fall benötigt. Wer mit sensiblen Angelegenheiten zu uns kommt, könnte das vielleicht nur schwierig bei einem eher fremden Menschen.“ 

Sensible Angelegenheiten – das ist das Stichwort, das die Aufgabe der BfC wohl am besten beschreibt. Elternzeit, Personalmaßnahmen, Gehälter, Einstellungen neuer Mitarbeiterinnen, Arbeitszeitveränderungen oder (sexuelle) Belästigung am Arbeitsplatz sind die praktischen Beispiele, mit denen sich die beiden beschäftigen. „Du kannst grundsätzlich mit allen möglichen Anliegen zu uns kommen“, erklärte Saskia, „es ist nur wichtig, dass die Frauen aktiv zu uns kommen, denn es ist nicht so, dass wir auf die Leute zugehen. Die Belegschaft muss selbst aktiv werden.“ Und das geht gewissermaßen „rund um die Uhr“: Die beiden sind jederzeit erreichbar, ob am Institut oder im Homeoffice. Ihre Urlaubszeiten sprechen sie miteinander ab; wenn es jemandem mal nicht anders passt, dient auch der Feierabend dem „betrieblichen Ehrenamt“. 

Wichtig dabei ist, dass ihre Aufgabe nicht gegen sie verwendet werden darf. „Wir dürfen streiten, ohne dass es uns zur Last gelegt wird“, so Carin Weinhold, „dabei arbeiten wir eigenverantwortlich und sind nicht berichtspflichtig gegenüber dem Institutsleiter. Das sorgt dafür, dass wir vertraulich und ernsthaft unterstützend mit den Angelegenheiten unserer Kolleginnen umgehen können.“ 

Ihr Amt deckt dabei keine eigene Stelle ab, sondern stellt ein internes Gremium dar, das ähnlich wie ein Betriebsrat die Interessen der Arbeitnehmerinnen gegenüber dem Arbeitgeber vertritt. Für ihre Aufgaben und Fortbildungen werden die beiden also zwar teilweise freigestellt, ihre eigentlichen Stellen werden aber nicht reduziert. Und dennoch führen Weinhold und Lange ihre Aufgabe als BfC mittlerweile in der zweiten Amtsperiode aus. Für die letzte halten sie es aber trotzdem nicht: „Unter anderem an Gehaltsspannen zwischen Frauen und Männern sehen wir, dass die Probleme noch immer existent sind. Es muss über Generationen erlernt sein, was wir gerade anstreben. Deshalb wird die Arbeit von BfCs definitiv noch länger nötig sein. Wie sagt man nochmal? Es hat schon 100 Jahre gedauert, bis Frauen wählen und arbeiten durften. Es wird die nächsten 100 Jahre dauern, bis sie gleichberechtigt sind.“ 

Gründe für die tiefe Verankerung der Ungleichberechtigung sehen die beiden über das berufliche hinaus besonders im sozialen Bereich. Nachdem Saskia Lange ihre Ausbildung am Fraunhofer ISIT absolvierte, folgte ein Studium der Elektrontechnik. Am Ende absolviert sie mit zwei Frauen ihren Bachelor, im Masterstudium war sie die einzige Frau zwischen vielen Männern. „Da haben mich alle gefragt, ob das nicht schrecklich wäre. Schon da habe ich mich gefragt: Wo ist das Problem? Warum muss das immer eskalieren? Heute weiß ich, dass dieses Gelage in den Köpfen der Menschen oft einfach verankert ist.“ 

Und es gibt noch ein anderes Problem, das in diesem Kontext mitschwingt. „Besonders in Coronazeiten habe ich oft mitbekommen, dass Frauen wieder mehr zuhause waren und die Carework übernommen haben“, beobachtete Carin Weinhold, „da bekomme ich eher das Gefühl, dass es wieder schlimmer wird und Frauen in ihre alten Rollen zurückgeschickt werden. Denn in Krisensituationen sind es Frauen, die zurückstecken. Deshalb müssen wir erkennen: Es gibt auch andere Modelle als Frau am Herd und Mann auf der Arbeit.“

Erfolge sehen die beiden trotzdem in ihrer Arbeit. Zwar spiegeln sich die nicht in riesigen Projekten wider, dafür aber viel mehr in vereinfachten Abläufen für Mitarbeiterinnen. Außerdem stehen die zwei mit Kolleginnen aus anderen Regionalgruppen von Fraunhofer-Instituten in engem Kontakt. „Wenn wir Tipps untereinander austauschen, alle die gleichen Probleme erkennen und merken, dass wir mit Situationen nicht allein sind, entsteht ein Netzwerk, das uns zusammenschweißt und mit Schwarmintelligenz für Veränderung und Hilfe sorgt“, wie Saskia erklärte. 

Der größte Erfolg ist dabei aber meist nicht ein verwaltungstechnischer. „Wir haben am ISIT bisher zum Glück keine schlimmen Fälle gehabt. Meistens reicht allein die Beratung, um Frauen Mut zu machen, aufzustehen“, so Carin-Sonja Weinhold, „dann bekommen die Frauen vielleicht schneller den Gedanken: Ich gehe da hin und spreche das, was mich stört, an. So können wir die Mitarbeiterinnen darin bestärken, loszugehen und gegen ihre Probleme aufzustehen. In solchen Momenten war es gut, dass es uns gab. Und dann lohnt es sich, BfC zu sein.“

 

Karriereförderung für Frauen bei Fraunhofer

Die Fraunhofer-Gesellschaft setzt sich für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in allen Hierarchieebenen ein und bietet speziell für Frauen verschiedene Maßnahmen zur Karriereförderung an. 

 

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