ISIT Wissenschaftler Dr. Gerfried Zwicker leitet das Treffen der weltweit führenden CMP-Experten im Rahmen der International Conference on Planarization/CMP Technology ICPT 2017 am 11. – 13. Oktober in Leuven, Belgien
Chemisch-mechanisches Polieren (CMP) hat sich in den letzten 30 Jahren vom einfachen Verfahren zur Planarisierung von Isolationsschichten zu einer der Schlüsseltechnologien bei der Herstellung von mikroelektronischen Schaltungen weiter entwickelt. Neben der Technik zur Reduzierung von Unebenheiten, die benötigt wird, um den äußerst engen Tiefenschärfevorgaben der fortschrittlichen Lithographieverfahren gerecht zu werden, wird CMP inzwischen nicht nur für die Strukturierung der vielfachen Kupfermetallisierungsebenen eingesetzt, sondern auch für die Herstellung von Hilfsschichten und –strukturen bei FinFET-Transistoren oder zur Erzeugung ultraglatter Oberflächen von Substraten für LEDs oder GaN-basierter Leistungstransistoren. Modernste Mikroprozessoren in 14 nm Technologie „sehen“ bis zu 30 Polierschritte während ihrer Herstellung.
Genügend Themen also, um die CMP-Experten aus aller Welt zusammen zu bringen, um über neueste Entwicklungen zu sprechen und die zukünftigen Anwendungen zu diskutieren. Am 11. bis 13. Oktober 2017 wurde daher vom Konferenzleiter Dr. Gerfried Zwicker vom Fraunhofer ISIT zusammen mit dem VDE/GMM die jährliche „International Conference on Planarization /CMP Technology ICPT 2017“ in Leuven, Belgien, organisiert, dem Standort des IMEC, des weltweit führenden Forschungsinstituts für die Weiterentwicklung der Mikroelektronik. 275 Wissenschaftler, Ingenieure, Techniker und Studenten aus Asien, Europa und den USA folgten der Einladung und präsentierten über 100 Vorträge bzw. Poster zum Thema CMP.
Der Kongress fand in den altehrwürdigen Räumlichkeiten der Katholischen Universität Leuven statt und bot darüber hinaus auch eine kleine Messe mit Materialien und Anlagen für CMP verschiedenster Hersteller zur Information des Fachpublikums.
Einen Blick über den Tellerrand boten zwei Keynote-Vorträge. So informierte Franz Lärmer (Bosch), der Erfinder des sog. Bosch-Prozesses zur Tiefenstrukturierung von Silizium, über die Entwicklung und den Einsatz von Mikrosensoren von Bosch, die millionenfach in Autos und Smartphones eingebaut werden, um im Straßenverkehr Leben zu retten oder im täglichen Leben die Orientierung zu verbessern. Dabei wird CMP bei der Sensorherstellung zum Glätten von rauen Funktionsschichten aus poly-Silizium eingesetzt. Kathy Barla vom IMEC diskutierte zukünftige Technologien für fortschrittlichste Bauelemente und betrachtete 3-dimensionale Skalierung, stellte neue Materialien für die Chip-Fertigung vor und zeigte, dass unterhalb von Strukturgrößen von 5 bzw. 3,5 nm eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit von Schaltkreisen nur über neue Systemarchitekturen jenseits der von-Neumann Architektur erreichbar ist.
Auf der von hohem wissenschaftlichen Niveau geprägten Konferenz wurden sehr viele interessante Vorträge gehalten und illustrative Poster gezeigt, auf die nicht im Detail eingegangen werden kann. Vielmehr sollen einige Beispiele aktuelle Fragestellungen beleuchten.
So wurden unter anderem weiterhin die Grundlagen von CMP diskutiert, da der eigentliche Abtragsprozess immer noch nicht endgültig verstanden ist. Ara Philipossian von der University of Arizona berichtete über neue Methoden zur Betrachtung der Dicke des Poliermittelfilms zwischen Poliertuch und zu polierendem Wafer. Neben Kupfer werden für die Metallisierung im sog. Back End of Line (BEOL) auch Al oder z.B. Nickel mittels CMP strukturiert. Zu diesem Thema wurden Entwicklungen für neuartige Polierslurries vorgestellt. Weiterhin wurde berichtet, dass bestimmte Cer-haltige Slurries entgegen der normalen Vorstellung die Abtragsrate von Oxid bei Verdünnung erhöhen, was mit der Erhöhung der für den Abtrag wichtigen chemischen Komponente Ce3+ erklärt werden konnte.
Ungenügende Entfernung von Partikeln aus der Slurry nach CMP führt zu Defekten und damit zu einer Verringerung der Ausbeute. Wissenschaftler vom CMP-Maschinenhersteller Ebara und der University of Yamanashi, Japan, haben dazu interessante Untersuchungen zur Messung der Anzahl der Defekte mittels Ellipsometrie bzw. zur Messung der zur Entfernung nötigen Kraft mittels Atomic Force Microscopy (AFM) vorgestellt, die das Verständnis für post-CMP Reinigungsprozesse verbessern sollen.
Eine wichtige Rolle beim Einsatz von CMP bei der Chip-Fertigung spielt die Prozesskontrolle. Cedric Perrot vom CEA/Leti (Frankreich) zeigte, dass durch genauere Betrachtung der Reibungsmechanismen präzisere Endpunkt-Signal zum Abbruch des Polierprozesses gewonnen werden können. Nanotopographie, d.h. ganz geringe Schwankungen in der Ebenheit der zu polierenden Oberflächen im 10 nm Bereich, hat inzwischen einen großen Einfluss auf Schichtdickenschwankungen nach der Politur und muss gezielt berücksichtigt werden, wie Untersuchungen am CEA/Leti und am IMEC in Belgien gezeigt haben.
Da Moore’s Law, das Gesetz, das die Steigerung der Integrationsdichte in den letzten 50 Jahren vorhergesagt hat, nicht mehr weiter greift, müssen in allen Technologien zur Chipherstellung neue Wege beschritten werden, so auch bei CMP. Manabu Tsujimura von Ebara hat in einem launigen eingeladenen Vortrag daher Innovation! Innovation! Innovation! gefordert und anhand einiger Beispiele gezeigt, wie mit vorhandener, aber innovativ eingesetzter Technik CMP auch weiterhin eine Schlüsselrolle bei der modernen Chipfertigung spielen kann.
Neben der Überreichung von drei Preisen an Studenten für beste Vorträge bzw. Poster wurden in Leuven mit dem „Lifetime Achievement Award for Distinguished Contributions to the Field of Planarization“ Suryadevara Babu von der Clarkson University (USA), Jin-Goo Park von der Hanyang University (Korea) und Gerfried Zwicker vom Fraunhofer Institut für Siliziumtechnologie (Deutschland) drei Wissenschaftler für ihre Beiträge zur Weiterentwicklung des Chemisch-mechanischen Polierens in einer kurzen Zeremonie geehrt.
Höhepunkt der Konferenz war ein Dinner in den mittelalterlichen Gebäuden von Leuven’s Großem Beginenhof, der seit einiger Zeit zum UNESCO Weltkulturerbe gehört. Insbesondere die Besucher aus Asien und den USA waren generell vom gut erhaltenen mittelalterlichen Charakter der Stadt Leuven beeindruckt. Weiterhin wurde am letzten Konferenztag für Interessierte eine Führung durch das IMEC (Interuniversity Microelectronics Centre) organisiert, was von vielen Teilnehmern gern angenommen wurde und die drei Konferenztage gelungen abrundete.