Extrem robusten Hochleistungsspeicher für die Elektromobilität

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Straßenfahrzeuge werden während der überwiegenden Zeit ihrer Betriebsdauer im Teillastbereich betrieben. Für kurzzeitige leistungshungrige Fahrphasen, wie Überholen oder Einfädeln in die Autobahn, müssen erhebliche Leistungsreserven vorgehalten werden. Für diese Leistungsspitzen entwickelte das Fraunhofer ISIT in den vergangenen zwei Jahren ein zusätzliches modulares Akku-System, bestehend aus einer extrem robusten Hochleistungsbatterie (»Li-Booster«) und einer reaktionsschnellen und leistungsfähigen Batterieelektronik. Auf der Electronica 18 in München zeigt das Fraunhofer ISIT die neuesten Varianten dieses Lithium-Booster-System der Öffentlichkeit.

© Fraunhofer ISIT / photocompany, Itzehoe
Lithium-Booster Batteriemodul mit 12 Hochleistungszellen und integrierter Elektronik
© Fraunhofer ISIT / photocompany, Itzehoe
Batteriemanagement-System des Lithium Boosters

Die Reduzierung des Hubraums von Verbrennungsmotoren zur Verbrauchssenkung bei gleicher Leistungsfähigkeit (Downsizing) erfordert einen immer höheren Aufwand und unterliegt dennoch physikalischen Grenzen. Darüber hinaus machen regelmäßig auftretende Fahrphasen hoher Belastung in Hybridfahrzeugen den Einbau eigentlich überdimensionierter Motoren notwendig. „Unsere neuen Hochleistungsakkumulatoren kommen nur dann zum Einsatz wenn kurzzeitige Leistungsspitzen auftreten und ermöglichen daher die Verwendung kleinerer und effizienterer Verbrennungsmotoren“, erläutert Dr. Andreas Würsig, Abteilungsleiter für Integrierte Energiesystem am ISIT die Motivation für die Entwicklung des neuen Systems.

Die Forschungsarbeiten für die Entwicklung des Boosters konzentrierten sich im Wesentlichen auf zwei Schwerpunkte. Der erste war die Entwicklung und der Aufbau hochleistungsfähiger Akkumulator-Zellen. Es ging darum, geeignete Materialien auszuwählen und Verarbeitungsprozesse zu entwickeln, die eine hohe Lebensdauer und Sicherheit gewährleisten und gleichzeitig das Potenzial für eine sehr gute Belastbarkeit bieten. Elektrochemische Speicher mit Lithiumtitanat als Anodenmaterial und Lithiummanganoxid als Kathodenmaterial entsprechen den genannten Anforderungen. In den Zellen wurde zudem ein am ISIT entwickelter Separator eingesetzt. Das Ergebnis sind 3,3 Ah Akkumulatoren denen kurzzeitig bis zu 165 A entnommen werden können. Bei dem Lithium-Booster werden jeweils 12 Hochleistungszellen zu einem Batteriemodul verschaltet. Das vollständige System ist je nach Einsatzgebiet aus einer unterschiedlichen Anzahl dieser Module aufgebaut.

Der zweite Entwicklungsschwerpunkt war die Batterieelektronik. Die Forscher am ISIT entwickelten ein spezielles Konzept für das Batteriemanagement. Es bietet selbstverständlich die üblichen Features eines solchen Systems, wie eine sehr genaue Messung der Zellspannungen, besitzt einen Kurzschluss- und Überlastschutz und überwacht die Zelltemperatur.

Darüber hinaus sorgt die Elektronik dafür, dass die Ladezustände der einzelnen Zellen im Betrieb nicht allmählich auseinander driften. Innerhalb der einzelnen Module verteilt sie die überschüssige Energie einer einzelnen Zelle auf andere.

Für den Ausgleich zwischen den Modulen haben sich die Forscher am ISIT eine neue effektivere Methode der Energieverteilung ausgedacht: Statt Energie zwischen den Modulen zu verschieben überbrückt die Elektronik bei Bedarf ganze Module. Dieses Verfahren bringt gleich mehrere Vorteile: Unterschiedliche Ladezustände der einzelnen Module werden sehr schnell und verlustarm ausgeglichen. Zudem ist die Hochvoltbatterie bei abgeschalteter Elektronik vollständig spannungslos. Dies verringert das Gefährdungspotential bei Servicearbeiten und insbesondere auch bei Unfällen.

Basierend auf den am ISIT entwickelten Zellen und der Elektronik haben die Entwickler zusammen mit ihren Kollegen vom Fraunhofer IIS das komplette Batteriesystem inklusive einer Kühlung als Prototyp aufgebaut. Die an dem Projekt beteiligten Forscher gehen davon aus, dass der Lithium-Booster in den nächsten beiden Jahren zur Marktreife geführt wird. Dessen potentielle weitere Einsatzgebiete umfassen dabei battrieelektrische Fahrzeuge sowie Hybridfahrzeuge mit Brennstoffzellen, Start / Stop Systeme, Starterbatterien und Akkumulatoren für das zukünftige 48 V Bordnetz.

Der Prototyp entstand im Rahmen der »Fraunhofer Systemforschung Elektromobilität«, einem von der Fraunhofer-Gesellschaft geförderten Verbundprojekt, an dem sich insgesamt sich 16 Fraunhofer-Institute mit Projektthemen in den Clustern »Antriebsstrang / Fahrwerk«, »Batterie / Range Extender« sowie »Bauweisen / Infrastruktur« beteiligten. Mit der Entwicklung innovativer Technologien und Komponenten für Hybrid- und Elektrofahrzeuge wollen die die Partner attraktive Angebote für die Automobilindustrie schaffen.