Jahrhundertchance für Itzehoe: Die Region könnte Standort für eine Batterieproduktion werden und Fraunhofer ISIT ist ganze vorne mit dabei

Pressemitteilung /

Bei der Erreichung der Klimaschutzziele spielt der Verkehr eine große Rolle. Elektrofahrzeuge werden einen wesentlichen Beitrag zum Umweltschutz und zur Emissionsvermeidung leisten. Entsprechend ist die Produktion von Batteriezellen für die Automobilindustrie zu einem zentralen Thema geworden. Damit einher geht die verstärkte Suche nach geeigneten Standorten. Der Fokus richtet sich dabei für viele Hersteller auf die die Möglichkeit, die Batteriezellen emissionsarm mit erneuerbaren Energien zu produzieren.

In Sachen erneuerbarer Energien, insbesondere im Hinblick auf die Windenergie, ist das Land Schleswig-Holstein sehr gut aufgestellt. Mehr noch: Mit dem Fraunhofer-Institut für Siliziumtechnologie ISIT ist bereits ein Standort im Rahmen der Fraunhofer Forschungsfertigung Batteriezelle in der Region Itzehoe beheimatet.

„Für die Ansiedlung einer großen Batterieproduktionsstätte hätten wir in der Region einiges in die Waagschale zu werfen. Doch es bedarf auch einiger gemeinsamer Anstrengungen, damit so ein Projekt hier vor Ort auf die Beine gestellt werden kann“, sagte Itzehoes Bürgermeister Dr. Andreas Koeppen gestern Abend vor Vertreterinnen und Vertretern der Selbstverwaltung des Kreises, der Stadt Itzehoe und den Umlandgemeinden Oldendorf, Ottenbüttel und Heiligenstedten im theater itzehoe.

Auf der gemeinsamen Informationsveranstaltung tauschten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Vertretern des Landes Schleswig-Holstein sowie mit ortansässigen Experten aus dem Technologiebereich darüber aus, welche Chancen und Möglichkeiten in der Region Itzehoe für die Ansiedlung einer Batterieproduktion bestehen und welche Voraussetzungen dafür zu schaffen sind.

„Wir haben jetzt die Jahrhundertchance, zu den Gewinnern der Energiewende zu gehören. Und zwar nicht, indem wir den Strom nur produzieren und irgendwo hinleiten, sondern indem wir den Rohstoff grüne Energie im Norden veredeln und vor Ort aktiv Wertschöpfung generieren“, hob Mark Helfrich, Bundestagsabgeordneter für Steinburg, Dithmarschen Süd und Bad Bramstedt einen Standortvorteil der Region hervor.

Von einer Jahrhundertchance sprach auch Dr. Bernd Bösche, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH. Er machte in diesem Zusammenhang aber auch den schnellen Handlungsbedarf aufmerksam. So wies Bösche darauf hin, dass durch die Energiewende und den Wandel zur Elektromobilität die Karten in der Automobilindustrie derzeit komplett neu gemischt werden. Schon 2025 werden nach seiner Darstellung Elektrofahrzeuge nicht mehr teurer sein als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Dies wird einen Nachfrageboom auslösen, der wiederum den Bedarf an Batteriezellen explosionsartig ansteigen lässt. Angesichts der erforderlichen Planungs-, Genehmigungs- und Vorlaufzeiten müssen neue Batteriefertigungskapazitäten jetzt geplant und aufgebaut werden. Standorte, die rechtzeitig die Voraussetzungen dafür schaffen, haben große Chancen, zum Zuge zu kommen. „Itzehoe hat alles zu bieten, was ein Fertigungsstandort für Batteriezellen erfordert,“ so Bösche. „Wenn jetzt die Voraussetzungen für eine solche Ansiedlung geschaffen werden, eröffnet das eine Jahrhundertchance für Itzehoe und die gesamte Region.“

„Aus technologischer Sicht ist Itzehoe bereits ein idealer Standort für eine Batteriezellenproduktion“, sagte Prof. Dr. Axel Müller-Groeling, Direktor des Fraunhofer-Instituts für Siliziumtechnologie ISIT. Aus seiner Sicht sprechen dafür nicht nur die langjährige Batterieforschung und -entwicklung am ISIT im Hinblick auf das Zelldesign und das Material, sondern auch die Fertigungsprozesse und die Batteriesysteme als solche. Dies dokumentiere nicht zuletzt das Forschungszentrum für angewandte Batterietechnologie, das derzeit am ISIT entsteht. Neben dem exzellenten wissenschaftlichen Umfeld, das in der Vernetzung der Universitäten und Hochschulen in Schleswig-Holstein bestehe, gebe es hervorragende Industriepartner im Land, die die Ansiedlung einer Batterieproduktion begrüßen. Materiallieferanten, Anlagenbauer, Anwender und Recycling würden zur Abdeckung der industriellen Kette beitragen. 

Dieses Potenzial sieht man auch in Kiel. Für die Landesregierung sagte Staatssekretär Dirk Schrödter: „Das Fraunhofer-Institut für Siliziumtechnologie in Itzehoe ist ein starker Wissensstandort. Ergänzt wird es durch das Forschungszentrum für angewandte Energiespeicher. Das Land stellt dafür 5,5 Millionen Euro bereit und unterstützt damit die breite Expertise in diesem Bereich. Gemeinsam mit den Hochschulen und Fachhochschulen sowie der Wirtschaft wurde in der Region bereits echte Batteriekompetenz entwickelt und ein Netzwerk aus klugen Köpfen und erfahrenen Experten aufgebaut. Mit einer guten Portion Optimismus und Tatkraft können wir aus den hervorragenden Voraussetzungen gemeinsam weitere handfeste Erfolge machen. Wir wollen unsere Energie zu unserem wirtschaftlichen Vorteil nutzen. Wir wollen uns zu einem international wettbewerbsfähigen Industriestandort entwickeln, zu einem echten Kraftzentrum.“

Prof. Dr. Ralf Thiericke, Geschäftsführer des IZET Innovationszentrums, empfahl, besonders die Erwartungshaltung eines Investors an den Standort Itzehoe genau anzuschauen: „Unser Wille zur Energiewende, unsere Willkommenskultur, die Einbindung der regionalen Wirtschaft, das Fachkräfte-Thema mit Aus- und Fortbildung sowie ein One-Stop-Shop mit professionellem Kümmerer-Team vor Ort sind wesentliche Bausteine für einen Erfolg“. 

Itzehoes Wirtschaftsförderer Thomas Carstens betonte ebenfalls, dass mit den ortsansässigen Akteuren in der Batterietechnologie und ihrer Verknüpfung zur regionalen Wirtschaft wichtige Anforderungen für eine Ansiedlung erfüllt seien. Jetzt gelte es, die für einen Produktionsstandort nötige Fläche bereitzustellen. Der Flächenbedarf belaufe sich auf 65 bis 100 Hektar. Ein geeignetes Areal liegt im Dreieck zwischen Ottenbüttel, Oldendorf und Itzehoe. „Der Standort bietet die größtmögliche Nähe zum Innovationsraum unter der Maßgabe, dass ein möglichst großer Abstand zu den Wohngebieten der Umlandgemeinden gewahrt bleibt“, sagt Carstens. Für einen Baubeginn ab Mitte 2024 sei es jetzt nötig, durch Umgemeindungen oder eine interkommunale Gebietsentwicklung eine wesentliche Voraussetzung für die zeitgerechte Realisierung des Vorhabens zu schaffen.

Entsprechende Beschlüsse müssen die Gremien zeitnah nach der Sommerpause fassen, sodass im kommenden Jahr das Bauleitplanverfahren starten kann. Damit wäre der erste große Schritt für die Ansiedelung einer Batteriefabrik getan.