Autor: CAU

EU fördert Forschungsprojekt zur Entwicklung besonders zuverlässiger und nachhaltiger Transformatoren mit 2,5 Millionen Euro

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© Julia Siekmann, Uni Kiel
Jetzt hat sich das Projektteam zum ersten Mal gemeinsam in Kiel getroffen: Prof. Marco Liserre (Leistungselektronik, CAU, erste Reihe, von rechts), Prof. Valeria Nicolosi (Nanomaterialien, Trinity College Dublin), Prof. Rainer Adelung (Funktionale Nanomaterialien, CAU) und ihre Teams (zweite Reihe von links): Jan-Ole Stern, Arkadeb Sengupta, Fabian Schütt, Dahnan Spurling, Yoann Pascal und Thiago Pereira.

Wenn in Rechenzentren der Strom ausfällt, ist der Schaden oft groß: Nicht nur wird der Betrieb von Unternehmen oder Institutionen unterbrochen, auch können wichtige Daten verloren gehen. Außerdem sind die Anlagen für ihren hohen Energieverbrauch bekannt. Ziel des Forschungsprojekts „Super-HEART“ ist eine Stromversorgung, die gleichzeitig mehrere nachhaltige Energiequellen wie Wasserstoff und Solarenergie nutzt. Im Mittelpunkt des Projekts steht die Entwicklung eines kosteneffizienten Transformators, der einen zuverlässigen und sauberen Stromfluss ermöglicht. Dafür kooperieren Arbeitsgruppen aus der Leistungselektronik und den Materialwissenschaften der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) mit Forschenden des Trinity College Dublin. Die Europäische Union fördert das Projekt bis 2025 mit insgesamt 2,5 Millionen Euro aus einem Innovationsprogramm, 1,3 Millionen Euro davon gehen an die CAU. Das Projekt wird außerdem vom Fraunhofer-Institut für Siliziumtechnologie (ISIT) in Itzehoe unterstützt.

© Julia Siekmann, CAU
Die Mitglieder des EU-Projekts Super-HEART wollen leistungselektronische Bauteile entwickeln, mit denen sich nachhaltige Energiequellen wie Wasserstoff in das Stromnetz integrieren lassen.

Wasserstoff als zuverlässige Energiequelle nutzen

„Die Energiewende stellt unser Stromnetz vor ganz neue Herausforderungen. Diese EU-Förderung ist eine wichtige Unterstützung, um gemeinsam mit Partnern eine zuverlässige und nachhaltige Energieversorgung, zum Beispiel mit Wasserstoff, voranzutreiben und damit auch unserer gesellschaftlichen Verantwortung als Universität nachzukommen“, betont CAU-Präsidentin Prof. Dr. Simone Fulda.

Im Gegensatz zu klassischen Transformatoren können leistungselektronische Bauelemente genutzt werden, um Wasserstoff als Energiequelle in Stromnetze zu integrieren. Bisher gelten leistungselektronische Bauteile jedoch als fehleranfällig. Sie erfordern teure und aufwändige „Redundanzen“ – mehrfach vorhandene Bauteile, die bei Ausfällen einspringen und so die Stromversorgung aufrechterhalten. Deutlich kompakter und kostengünstiger soll der Transformator werden, der im Projekt „Super-HEART“ entsteht. Dazu entwickelt das Projektteam zum einen extrem schnelle und leistungsstarke Superkondensatoren. Zum anderen nutzt es innovative Halbleiter wie Siliciumkarbid und Galliumnitrid, die wegen ihres hohen Wirkungsgrads als Zukunftsmaterialien der Leistungselektronik gelten.

© Dahnan Spurling
Der Transformator „Super HEART“ soll mehrere nachhaltige Energiequellen und -speicher für einen kontinuierlichen, sauberen Stromfluss vereinen, z.B. für den Betrieb von Rechenzentren.

Möglicher „Game Changer“' für kritische Infrastrukturen

Mit dem Projekt baut Marco Liserre, Professor für Leistungselektronik an der CAU und stellvertretender Leiter des ISIT, auf vorangegangene EU-Projekte auf, in denen er einen modularen Transformator entwickelt hat. „Der modulare Transformator und Superkondensatoren als Kurzzeit-Energiespeicher sind an sich schon technologische Durchbrüche. Durch ihre Kombination und Weiterentwicklung erwarten wir eine zusätzliche Leistungssteigerung von 20 Prozent in Bezug auf die gespeicherte Energie, die Zuverlässigkeit der Stromversorgung und die Senkung der Betriebskosten“, sagt Projektleiter Liserre. „Damit können sie zu einem 'Game Changer' für komplexe und kritische Infrastrukturen werden, die im Ernstfall hohe Ausfallkosten verursachen." Erste Prototypen sollen in Rechenzentren getestet werden und in sogenannten Nullenergiehäusern. Mit wasserstoffbasierten Brennstoffzellen, Photovoltaikanlagen und anderen Speicher- und Energiequellen decken sie ihren eigenen Energiebedarf.  

© Julia Siekmann, CAU
Rainer Adelung, Professor für Funktionelle Nanomaterialien an der Universität Kiel, arbeitet an Hochleistungs-Superkondensatoren, die als Notstromspeicher in die Transformatoren integriert werden sollen.

Energie sehr schnell abgeben und aufnehmen

Superkondensatoren sind Energiespeicher, die sich wesentlich schneller auf- und entladen lassen als herkömmliche Batterien. Wenn der Strom schwankt oder kurzfristig ausfällt, sind sie in der Lage, sofort Energie abzugeben oder aufzunehmen. Damit lassen sich auch defekte Komponenten im Stromnetz vorrübergehend abschalten. „Die derzeit kommerziell erhältlichen Superkondensatoren können allerdings nur wenig Energie speichern. Mit einer speziellen Strukturierung auf Nano- und Mikroebene wollen wir ihre Leistung verbessern und sie optimal für die neuen Transformatoren anpassen", sagt Rainer Adelung, Professor für Funktionale Nanomaterialien an der CAU.

Dabei arbeiten die Kieler Forschenden eng mit Valeria Nicolosi zusammen. Die Professorin für „Nanomaterials and Advanced Microscopy“ am Institut für Chemie des Trinity College Dublin hat spezielle Superkondensatoren aus zweidimensionalen Nanomaterialien auf der Basis von Titankarbiden gebaut, die in diesem Projekt weiterentwickelt werden. 

© Claudia Eulitz, CAU
Projektleiter Marco Liserre, Professor für Leistungselektronik an der Universität Kiel und stellvertretender Leiter des ISIT, will mit Hilfe der EU-Innovationsförderung neue Transformatoren von der Grundlagenforschung zur Marktreife bringen.

Auf der Suche nach Industriepartnern

Nachdem Liserre bereits zweimal erfolgreich Fördermittel des Europäischen Wissenschaftsrats (European Research Council, ERC) einwerben konnte, darunter den renommierten ERC-Consolidator-Grant, ist er mit der dritten Förderung jetzt auf der Suche nach Industriepartnern, um die Ergebnisse der Forschung auf den Markt zu bringen und perspektivisch ein eigenes Unternehmen zu gründen.