Portraitreihe

Women Leaders in Science & Technology: Ein Interview mit Dr. Marie Christin Wolff, Teamleiterin „Galvanik, CMP & Nasschemie“ am Fraunhofer ISIT

Frauen in Führung sind in Deutschland in Unternehmen nach wie vor unterrepräsentiert. 29,5 % ist laut Statista der Frauenanteil in Führungspositionen in Deutschland. Prägen solche Phänomene wie die Gläserne Decke, Backlash Effekt, Think-Manager-Think-Male weiterhin den Arbeitsalltag der weiblichen Führungskräfte in Unternehmen? Fakt ist: eine Frau erfüllt die Führungspersönlichkeit gleichermaßen, wie es ein Mann tut. Ein gesundes Bewusstsein für Geschlechterstereotypen und die eigene Führungspersönlichkeit ist wichtig, wenn man mit Führungsaufgaben konfrontiert ist. Nämlich darüber geht es im Interview mit Dr. Marie Christin Wolff - Teamleiterin für Galvanik, CMP & Nasschemie in der Fab des Fraunhofer ISIT, das wir anlässlich des Internationalen Frauentages führen.

Seit drei Jahren bist du jetzt am Fraunhofer ISIT. Wie geht es dir so?  

Mir geht es gut. Ich habe viel zu tun… 

Was ist Dein Fachgebiet und was macht es besonders spannend?

Ich bin von Hause aus Chemikerin und leite am Fraunhofer ISIT das Team „Galvanik, CMP und Nasschemie“ im Reinraum. Ich beschäftige mich mit wissenschaftlichen und technischen Fragestellungen dieses Gebiets. 

Ich habe Chemie studiert, weil es mir von allen Fächern irgendwie am meisten Sinn ergab. Ich finde es faszinierend, in unserem alltäglichen Leben Dinge zu entdecken, mit denen wir selbstverständlich umgehen, deren Ursprung wir aber nicht verstehen. PET-Flaschen für Getränke, beispielsweise, kennt jeder, aber kaum jemand beschäftigt sich damit. Wo kommt der Rohstoff her? Wie wird daraus am Ende ein hoch kompliziertes Produkt? Wo geht dieses Produkt hin, wenn wir es nicht mehr brauchen? All diesen Fragen liegt oftmals ein chemischer Zusammenhang zugrunde, da es sich irgendwo in der Kette um Stoffumwandlungsprozesse handelt. Mich bewegte stets eher die Frage: „Was steckt in dieser Blackbox?“

Du bist nach Deiner Promotion zum Fraunhofer ISIT gekommen. Warum hast Du das ISIT ausgewählt?

Ich kam von der Universität aus der Welt der Forschung und wählte das Fraunhofer ISIT als einen Arbeitgeber, weil hier eine gute Verbindung zwischen der reinen Grundlagenforschung zu den wirklichen Nöten und Wünschen der Industrie besteht. Hier wird eine andere Art von Brücke zwischen diesen beiden Welten gebaut, die mich interessiert hat.

Du hast als wissenschaftliche Mitarbeiterin angefangen, jetzt bist du Teamleiterin für Galvanik, CMP und Nasschemie. Wie fühlst Du Dich in Deiner neuen Rolle?

Gute Frage. Ich bin mitten im Änderungsprozess, daher ist es schwierig, schon eine finale Aussage darüber zu treffen. Fakt ist aber, dass neben den technischen und wissenschaftlichen Themen momentan auch organisatorische Belange zu meinem Aufgabenportfolio dazu kommen. Das ist einerseits ungewohnt, aber andererseits auch ein interessanter Vorgang. Ich bin gespannt, was noch so auf mich zukommt.

With Great Power Comes Great Responsibility. Was sagst Du dazu? 

Spider Man? Habe ich auf jeden Fall als Film gesehen und mich einstweilen dafür interessiert, wie dehnbar das Spinnenseil sein müsste, damit Gwen Stacy ihren Sturz von der Brücke doch hätte überleben können!

Jede Macht, die man besitzt, will weise eingesetzt werden, dazu muss sie nicht besonders groß sein. Man muss sich der Konsequenzen des eigenen Handelns bewusst sein und für sich einstehen: Das ist meiner Meinung nach der Kern des Wortes „Verantwortung“. Wenn ich das für mich tun kann, kann ich es auch für andere tun.

Wie gehst Du mit Konfrontationen im Arbeitsalltag um?

Ich schätze, ich bin etwas exzentrisch, daher fällt es mir nicht schwer, mit bestimmten Meinungen nicht konform zu gehen bzw. unnützliche Kommentare als solche für mich abzuheften. Für konstruktive Kritik möchte (und muss) ich aber offen sein, das ist eine wunderbare Eigenschaft. 

Wirst Du als Frau in Führungsposition etwa anders behandelt? 

Meistens mache ich mir darüber keine Gedanken. Ab und zu fallen mir tatsächlich stereotype Situationen auf, bei denen ich mich frage, ob der Gesprächsfortgang jetzt etwas damit zu tun hat, dass ich weiblich bin. Fakt ist: ich bin kein Mann. Ob das der Grund ist, dass meine Führungsstrategie anders ist, weiß ich nicht. Ich weiß aber, dass ich dieselben Chancen habe, wie alle meine männlichen Kollegen, und ich bin bereit, das einzufordern. Meine Großmutter durfte nicht studieren gehen und hätte es gerne gewollt. Diesem Problem musste ich mich nicht stellen und dafür bin ich dankbar.

Was würdest du jungen Mädels raten?

Ich habe mal gelesen, dass Frauen im Alter zwischen 40-50 Jahren sich in der selbstbewusstesten Phase ihres Lebens befinden – ich finde, wir müssen nicht so lange warten. 

 

Marie, ich bedanke mich für das Interview und wünsche Dir noch alles Gute zum Internationalen Frauentag!