Women Leaders in Science & Technology: Ein Interview mit Maria Claus, stellvertretenden Abteilungsleiterin der Fab am Fraunhofer ISIT

Interview /

Der Anteil von Frauen im Bereich Forschung und Entwicklung hat vor allem an Universitäten und Fachhochschulen in den letzten Jahren stark zugenommen. 2021 konnte dort laut Statista ein Anteil von über 50% an weiblichen Forschungskräften verzeichnet werden. Was an Universitäten und Hochschulen bereits angefangen hat, erreicht hoffentlich auch bald andere Bereiche der Wirtschaft.
Anlässlich des »International Day of Women & Girls in Science« beantwortet Maria Claus, stellvertretende Abteilungsleiterin der Fab und Teamleiterin der Bereiche Lithographie, Bonden und Metrologie am Fraunhofer ISIT, unsere Fragen und macht jungen Mädchen und Frauen Mut, die sich für eine Karriere in Wissenschaft und Forschung interessieren.

Maria Claus | Fraunhofer ISIT

Würdest du dich und deine Tätigkeiten im Fraunhofer ISIT kurz vorstellen?  

Ich habe 2011 meinen Master in Materialwissenschaften an der Universität zu Kiel abgeschlossen. Meine Abschlussarbeit, welche sehr anwendungsbezogen war, habe ich am Fraunhofer ISIT geschrieben. Mein Einstieg bei Fraunhofer erfolgte als Prozessingenieurin im MEMS Reinraum. Seitdem sind viele verschiedene Aufgaben dazu gekommen, unter anderem bin ich stellvertretende Abteilungsleiterin der Fab und Teamleiterin für die Bereiche Lithographie, Bonden und Metrologie.

 

Was hat damals den Ausschlag gegeben, sich für eine Karriere in der Mikrosystemtechnik zu entscheiden?

Mein Studium bot mir die Grundlage, mich mit allen Bereichen der Naturwissenschaften zu beschäftigen. Schnell war mir klar, dass ich in die anwendungsbezogene Forschung möchte. Das bedeutet, ich möchte Dinge entwickeln, die der Gesellschaft in den kommenden Jahren aktiv nützen und uns alle voranbringen. Fraunhofer und die Mikrosystemtechnik bieten mir die Möglichkeit, diesen Anspruch an meine Karriere zu erfüllen.   

 

Gab es oder gibt es besondere Herausforderungen, denen speziell Frauen in der Mikrosystemtechnik gegenüberstehen?

Meiner Ansicht nach liegt die größte Herausforderung für Frauen darin, unabhängig vom gewählten Berufsbild, die Erwartungen der Gesellschaft abzuschütteln. Wir können alles werden, was wir wollen. Jedoch ist diese Freiheit auch einschüchternd. Wir müssen für uns selbst bestimmen, was uns im Leben wichtig ist, unseren eigenen Weg finden und dann akzeptieren, dass nicht alle die gleichen Wertevorstellungen haben. Nur zu, auf Widerstand trifft man überall.   

 

Hattest du Schwierigkeiten, in einem eher von Männern dominierten Berufszweig Fuß zu fassen?

Nein, ganz im Gegenteil. Bereits an der Universität waren unsere Professorinnen und Professoren über jede Frau, die sich für den Fachbereich entschieden hat, besonders glücklich und stolz. Das gleiche gilt auch für die Fraunhofer-Gesellschaft. Ich glaube die Zeiten, wo ein Mann daherkommt und sagt »Eine Frau kann nicht die Arbeit eines Mannes machen« sind vorbei, jedenfalls in Forschung, Technik und Wissenschaft. Mir kommt es auch nicht vor, als wäre mein Berufszweig männerdominiert. In meiner Abteilung haben wir 30% Frauenanteil.

 

Was muss sich deiner Meinung nach ändern, um mehr weibliche Arbeitskräfte für die Wissenschaft zu begeistern?

Unabhängig vom Geschlecht hat jedes Kind einen unglaublichen Wissendurst. Sie wollen herausfinden wie alles funktioniert und immer weiter lernen. Beim Großwerden geht dieser Forscherdrang verloren. Ich fürchte, in unserer Gesellschaft ist nicht viel Platz für die Begeisterung an der Wissenschaft. Man wird schnell als Sonderling abgestempelt, der nur vor Büchern sitzt. Wissenschaft und Forschung muss als selbstverständlicher Teil unserer Kultur angesehen werden, dann ergibt sich der Rest von allein. 

 

Welchen Rat würdest du jungen Mädchen und Frauen geben, die sich für eine Karriere in Technik und Wissenschaft interessieren?

Habt Vertrauen in euch. Nutzt die Chancen, die euch geboten werden. Informiert euch, kommt vorbei, macht euch ein eigenes Bild, nutzt Praktika, Messen und Co. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind auch nur Menschen, wir beißen nicht :-). 

 

Vielen Dank für das nette Interview, Maria!