Energiesparende Informationsspeicher und clevere Schalter

Mit der fortschreitend zunehmenden Digitalisierung unserer Gesellschaft und der sich rasch ausbreitenden KI-Verfahren eskaliert der Energiebedarf für die informationsverarbeitenden Komponenten. Um diesem entgegenzuwirken, bedarf es neuer Ansätze zur Informationsverarbeitung. Ein Ansatz ist das, vom Gehirn inspirierte, neuromorphe Rechnen, in dem die Grenzen zwischen Speicher und Recheneinheit aufgelöst  werden. Da der ständige Informationstransport sehr energieintensiv ist, können durch sogenannte in-memory-compute Architekturen mehrere Größenordnungen an Energie eingespart werden. Für diese Architekturen bedarf es Speicherzellen, die in der Lage sind, grundlegende Rechenoperationen durchzuführen.

Ferroelektrischer Schaltvorgang von AlScN für Spannungen bis 10V mit vollständiger Umpolarisation ab etwa 9 V.
Ausgangskennlinien von AlScN-basierten FeFETs mit vollständig polarisierten Zuständen. Zwischenzustände liegen zwischen den Kurven.
Erste AlGaN/GaN HEMT (engl.: high-electron-mobility transistor) Prototypen mit integriertem ferroelektrischem Gate.

Ferroelektrische Speicher am Fraunhofer ISIT – optimistischer Fortschritt der Entwicklung

Am Fraunhofer ISIT wird beim Aufbau solcher Speicherzellen auf das ferroelektrische Material Aluminium-scandium-nitrid (AlScN) gesetzt und in ferroelektrische Feldeffekttransistoren sowie in ferroelektrische RAM-Zellen eingebracht. Im Gegensatz zu den zahlreichen alternativen Ansätzen konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am ISIT zeigen, dass bereits eine einzelne AlScN-basierte Speicherzelle in der Lage ist, mehrere Bit Informationen zu speichern und zu verarbeiten. Diese Multi-Bit-Fähigkeit ermöglicht es potenziell, bisherige Herausforderungen in der Skalierbarkeit von ferroelektrischen Speichern zu überwinden. Jedoch gilt es zu demonstrieren, dass das neue Materialsystem auch in anderen Zielparametern mit konkurrierenden Speichermedien mithalten kann. Besonders sind die Schreibspannung und -geschwindigkeit im Augenmerk zukünftiger Anwender. Entsprechend optimistisch war die Stimmung unter den ISIT-Forscher*innen, als sie im vergangenen Jahr erstmals Schaltfrequenzen im MHz-Bereich und bei weniger als 10 V demonstrieren konnten. Im Vorjahr waren diese Größen lediglich im kHz-Bereich und bei 10-fach höheren Spannungen angesiedelt.
Neben der Bestimmung der Grenzen des AlScN evaluieren die Wissenschaftler*innen parallel neue Integrationsansätze in CMOS-Schaltungen und verbessern kontinuierlich das Verständnis über das Materialsystem. 

Synergien zu Nitrid-basierten Halbleitern

In 2022 wurde ferroelektrisches AlScN erstmals in Galliumnitrid (GaN)-basierte Transistoren eingebaut. Sie sind zentrale Bausteine der Leistungselektronik von morgen, da sie besonders energieeffizient sind. Allerdings fehlen in GaN-basierten Schaltungen noch zuverlässige und skalierbare Speicher, da es für sie bisher keine etablierten CMOS-Äquivalente gibt. Hier bietet sich AlScN als bisher einziges Nitrid-basiertes Ferroelektrikum besonders an. Deswegen wurde in dem Vorhaben ihre Entwicklung parallel zu den zuvor diskutierten,  klassischen CMOS-Technologien mit aufgenommen.

Aktuell ist die Entwicklung in Richtung erster Schaltungen derartiger  Speicherelemente sehr vielversprechend und sie nähert sich damit dem Stadium, in dem AlScN erstmals Anwendung in dezentraler Datenverarbeitung finden kann. Zudem werden am ISIT Konzepte evaluiert, wie die Eigenschaften von Leistungstransistoren mittels ferroelektrischer Schichten modifiziert werden können. So spielt bei diesen Bauteilen der Einschaltpunkt eine entscheidende Rolle für den zuverlässigen und energieeffizienten Einsatz. Doch gerade dieser lässt sich, wie im Fall der Speicherzellen demonstriert, nahezu beliebig abändern. Es resultieren erste Konzepte von intelligenten Schaltern, die ganze Schaltungen ersetzen könnten, welche diese Funktion bisher nachempfinden.

 

Weitere Leuchtturmprojekte 2022

Diese Forschungsprojekte hatten für das ISIT in 2022 eine besondere Bedeutung

 

MEMS-Scanner für Weitwinkel-LIDAR-Systeme

 

Energieeffizienter und umweltfreundlicher Herstellungsprozesses für Elektrodenfolien Li-Batterien

 

Optische Gehäuse zur Verkapselung von Bauelementen auf Waferebene